Sonntag, 1. Januar 2012

Kräuter mit Beipackzettel, Beschreibung und Verzehrempfehlung?

Antje N. aus Hessen kaufte am 29.12.2011 100 Gramm Garcinia cambogia in Pulverform. Wenig später ergab sich für Antje folgende Frage: "Sehr geehrte Damen und Herren, danke für den schnellen Versand des von mir bestellten Produktes. ... Leider fehlt eine Packungsbeilage/ Beschreibung/ Verzehrempfehlung - nichts ist dabei - ... Könnten Sie mir genanntes bitte per Mail zukommen lassen?"
Die Frage scheint vordergründig einfach zu sein. Auf den zweiten Blick ist die Antwort jedoch nicht leicht. Wir möchten die Diskussion anregen und fragen Euch:
Wie würdet Ihr diese Frage beantworten? Sollte es zu Naturkräutern einen Beipackzettel geben? Wie weit sollen die Informationen in einer detaillierten Beschreibung gehen? Ist eine Verzehrempfehlung wirklich empfehlenswert? Falls Ihr Argumente "PRO Beipackzettel" habt, wie sollte dieser strukturiert sein?


Wir freuen uns auf Eure Meinung!


Zwischenzeitlich haben wir die Frage sinngemäß wie folgt beantwortet:
"Bei dem gekauften Produkt handelt es sich um ein 100%-iges Naturprodukt. Es handelt sich also nicht um ein Medikament oder Nahrungsergänzungsmittel, weshalb es keine Packungsbeilage" gibt.
Auch Beschreibung und Verzehrempfehlungen können genau genommen nicht abgegeben werden. Es wäre etwa so, also würde man Brennessel-"tee" mit Beschreibung, Packungsbeilage und Verzehrempfehlung verkaufen. Man kann sich sowohl einen Tee (Sud) zubereiten, genauso aber Blattläuse auf seinen Zuchtrosen damit bekämpfen.
Empfehlung (Anwendungsgebiet): Keine Empfehlung möglich!" Mehr ist in Deutschland schon fast nicht erlaubt.
Quelle: www.wikipedia.de
Oder anders beschrieben: Man kann in Deutschland zwar Steinpilze kaufen aber das Kochbuch gibt es nicht dazu. Das gibt es dann sozusagen in der Buchhandlung. Jedoch steht auch in diesem Kochbuch nicht, daß Steinpilze Hautallergien auslösen können.
Ein Beipackzettel würde also ungefähr so aussehen:

"Sie haben sich für den Kauf von 100%-iger Urtica dioica in getrockneter und pulverisierter Form und bester Qualität entschieden. Das Brennesselkraut enthält in der pulverisierten Form kaum noch nachweisbare bzw. wirksame Bestandteile von MethansäureSerotoninHistamin,Acetylcholin und Natriumformiat, die im frischen Zustand in der Brennflüssigkeit enthalten sind. Anwendung: Das Brennesselkraut kann wie ein Gemüse verarbeitet werden. Wegen ihres hohen Gehalts an Flavonoiden, an Mineralstoffen wie MagnesiumKalzium und Silizium, an Vitamin A und C, an Eisen, aber auch wegen ihres hohen Eiweißgehalts, der höher ist als bei der Sojabohne (prozentual gesehen) und ihres feinsäuerlichen Geschmacks ist es schon seit Großmutters Zeiten hoch geschätzt. Übliche Zubereitungen sind roh als Salat (wobei die Nesselhaare durch das Vermischen mit der Sauce zerstört werden) oder blanchiert und wie Spinat verwendet als „Brennnesselspinat“ oder Brennnesselsuppe.
Die Blätter können auch getrocknet und als Tee zubereitet werden.
Früher wurden gelegentlich Butter, Fisch und Fleisch in Brennnesselblätter gewickelt, um sie länger frisch zu halten. Tatsächlich verhindern die Wirkstoffe der Brennnessel die Vermehrung bestimmter Bakterien. Diese Praxis ist sogar gerichtsnotorisch: 1902 wurde eine Berliner Milchhändlerin auf Grund der Brennnesselblätter in ihrer Milch wegen Lebensmittelverfälschung angeklagt. Mit der Begründung, dass dies ein „allgemein geübtes Verfahren“ sei, wurde die Händlerin jedoch freigesprochen. In Mitteleuropa, unter anderem den Niederlanden, Luxemburg, Österreich und Deutschland, werden Brennnesseln auch als Zutat für Brennnesselkäse verwendet.
Noch heute gibt man ganze oder gehackte Brennnesseln als Vitaminträger in das Futter von Küken, Ferkeln und Kälbern, damit sie schneller wachsen; auch als ganze Pflanzen gibt man sie Hausschweinen in der biologischen Landwirtschaft gern als Beifutter.
Auch ethnobotanisch hat das Brennesselkraut eine lange Geschichte: Die Verbreitung als Heilpflanze und Nahrungsmittel führt dazu, dass es eine Vielzahl ethnobotanischer Traditionen und Ansichten über die Pflanze gibt, die teils dem Bereich der Mythen und des Aber- und Wunderglaubens entstammen.
Einige der Bräuche:
  • Am Gründonnerstag Brennnesselgemüse zu essen, was für das folgende Jahr vor Geldnot schützen soll.
  • Fünf Nesselblätter in der Hand zu halten, um frei von Furcht und bei kühlem Verstand zu bleiben.
  • Am Johannistag Brennnesselpfannkuchen zu essen, um gegen Nixen- und Elfenzauber gefeit zu sein.
  • Am 1. Januar Brennnesselkuchen zu essen, um sich ein gutes Jahr zu sichern.
Das hier erworbene Brennesselkraut in Pulverform eignet sich nicht zur Fasergewinnung und Textilherstellung, da die Fasern bei der Pulverisierung zerstört wurden. Weiterhin können Sie das Pulver jedoch als Färbekraut einsetzen. Mit einer Zinnvorbeize, Kupfernachbeize und einem Ammoniak-Entwicklungsbad erzielen die oberirdischen Teile ein kräftiges Graugrün. Man benötigt etwa 600 Gramm Brennnessel pro 100 Gramm Wolle; besonders bei der Brennnessel kann der Farbton vom Zeitpunkt des Pflückens und Färbens abhängen, deshalb ist die Technik bei Massenproduktion von Kollektionen in Vergessenheit geraten. Die Brennnesseln finden insbesondere im biologischen Gartenbau vielfältige Verwendung. Ein scharfer Kaltwasserauszug (nur 24 Stunden angesetzt) als Pflanzenstärkungsmittel festigt durch die enthaltene Kieselsäure die Zellwände der damit gegossenen Pflanzen und stärkt sie so gegen den Befall beißender wie saugender Insekten. Eine Jauche löst zusätzlich den Stickstoff der Brennnessel sowie Spurenelemente heraus und hat dadurch auch Düngewirkung (Herstellung und Anwendung siehe Pflanzenjauche). Die anfallenden Reste können im Kompost verwertet werden.
Eine Kommerzielle Kultivierung der Brennnessel zur Herstellung von Brennesseltee erfolgt auf speziellen Brennesselfeldern. Das größte Vorkommen an Brennesselfeldern befindet sich in der Ukraine. Die Aussaat erfolgt im April. Saatmenge: ca 4-6 Kg/ha. Die Erträge liegen bei 35-50 dt/ha. Die Anwendung erfolgt in der Traditionellen Chinesischen Medizin seit ca. 2000 Jahren, seit etwa 300 Jahren gehört das Brennesselkraut in jede großmütterliche Hausküche. Der Überlieferung folgend soll der regelmäßige Genuß von Brennesseltee (Brennesselsud) zu einem verbesserten Hautbild und Stärukung der inneren Organe führen. In der europäischen Schulmedizin ist die Wirksamkeit jedoch nicht belegt, wenngleich einige wissenschaftliche Studien die großmütterlicherseits nachgesagte Wirkung zu stützen scheinen.


Warnhinweis: Wenn Sie 100 Gramm Brennesselkrautpulver auf einmal einatmen, könnten Sie theoretisch ersticken! Ab einer bestimmten Brennesselkrautpulverkonzentration in der Luft könnte Explosionsgefahr entstehen. Es wird daher empfohlen, bei Zubereitung eines Brennesseltees (-suds) aus Brennesselkrautpuler nicht zu rauchen, immer ausreichend zu lüften und das Brennesselkrautpulver nicht zu inhalieren. Bitte beachten Sie mögliche Kontraindikationen mit anderen Kräutern, Heilkräutern, Pilzen, Gemüsen und dergleichen.
Eine Dosierempfehlung kann wegen mangelnder wissenschaftlicher Nachweise nicht gegeben werden. In alten Rezeptbüchern und aus mündlicher Überlieferung soll das Kraut nach einem Aufguß mit heißem Wasser etwa 10 Minuten ziehen und dann 3x täglich getrunken werden. Wieviel getrunken werden soll ist nicht überliefert. In Asien ersetzt der Gebrauch von Brennesselsud häufig den Gang in die Apotheke. Vor allem in Deutschland sollten Sie die Verantwortung für Ihren Körper jedoch an den Arzt abgeben oder dort wenigstens um Rat fragen."

Wäre ein solcher Beipackzettel wirklich sinnvoll? Oder ist und bleibt es nicht die Verantwortung eines jeden für sich selbst, eine Entscheidung darüber zu treffen, wie, wann, wo und in welchen Mengen man das Kraut verwenden möchte?